Son Dien und seine „Todesakte“ in Dessau

Anfang der 1990er-Jahre, nach dem Fall der Mauer müssen viele ostdeutsche Fabriken ihre Tore schließen. Ihre Produkte finden auf dem neuen Markt keine Abnehmer und so werden tausende vietnamesische Gastarbeiter arbeitslos. Sie landen auf der Straße und müssen plötzlich selbst für ihr täglich Brot sorgen.

Kurz nachdem Ostdeutschland die Regierung gewechselt hat, waren viele Vietnamesen noch unsicher, wie sie dauerhaft in Deutschland bleiben könnten. Es kommt eine Tätigkeit hoch, die das schnelle Geld verspricht, hohe Einnahmen und geringe Ausgaben, das war das Versprechen dieser Tätigkeit: illegaler Zigarettenhandel. Und so wurden aus normalen und anständigen Arbeitern, die nur das sozialistische Verteilungssystem kannten, unfreiwillig Händler von illegalen Waren.

Die guten „Handelsplätze“ waren schnell definiert und zugeteilt und die Händler hatten als Ausstattung nicht mehr als eine Plastiktüte voller „Markenzigaretten“. Diese Preise für eine Stange waren so billig, dass viele Ostdeutsche sie gekauft haben und oftmals haben sie nicht gewusst, dass die Zigaretten von schlechter Qualität sind. Viele Straßenzüge und Häuser in Vietnam wurden plötzlich schön und sauber, alles dank dem Geld, welches aus dem Zigarettenhandel stammte. Die Gier nach noch mehr Geld, trieb die Händler noch weiter in dieses illegale Geschäft. Sie wurden zu Unterstützern der Gangs, die illegal handelten und Schutzgeld einforderten.

Es kamen viele vietnamesische Gangs ans Tageslicht, darunter die „Zentralvietnam“-Bande, die einflussreichste Bande aus dem Untergrund in der Stadt Dessau. Anführer der Gang war Nguyen Lam Trung, bekannt als „Trung Dien“, Herkunft Vinh, Provinz Nghe An, Vietnam.

Je mehr Gewinne erzielt wurden, desto brutaler wurde der Kampf zwischen den Gangs. Von den größeren Städten der Republik sind die vietnamesischen Banden nach Dessau gekommen. „Heute leben, morgen sterben“, so das Motto. Alle wollten das Revier von Trung Dien einnehmen. Auf beiden Seiten gab es Verletzte oder sogar Todesfälle, bis eines Tages ein Schuss in Leipzig Trung Dien erwischt. Sein Leben war nicht mehr zu retten, die Verletzungen des Mafiabosses waren zu schwer.

Die „Zentralvietnam“-Bande war wie eine Schlange ohne Kopf. Die Gefolgschaft von Trung Dien hat sich entschlossen einen neuen Anführer zu installieren: Son Dien, der ältere Bruder von Trung Dien. Der Kampf um das Revier ging weiter, die Bande um Son Dien ist schwächer denn je, da der neue Chef nicht mutig genug ist. Nach gut einem Jahr ist ein SEK von Leipzig nach Dessau gekommen und hat die Bande aufgelöst. Viele sind abgehauen, in alle Ecken Deutschlands und mussten von nun an für ihr eigenes Leben sorgen.

Son Dien hatte schon vorher eine große Geldsumme nach Nghe An geschickt und den Reisepass eines anderen Vietnamesen genutzt, um in die Heimat zu fliegen. Dort hat er es sich gut gehen lassen und auch mit vielen Beamten Saufabende gehabt. Vielleicht wussten all diese Beamte nicht von seiner dunklen Vergangenheit in Deutschland. Vielleicht wurde er deswegen von einem Mafiaboss zu einem guten Freund, ohne dass es viele wussten, doch sie sollten es bald bereuen, ihn gekannt zu haben. Spätestens in dem Moment in dem sie in Europa angekommen sind und ihr Portrait die Titelseite der großen Zeitungen schmückten.

Nach einer gewissen Zeit hat die deutsche Polizei die Kontrolle wieder übernommen. Kriminalpolizisten aus Vietnam wurden nach Berlin geschickt, um verdeckt zu ermitteln. So sollte die vietnamesische Community wieder sicher und kontrolliert werden. Die Namen der Zigarettenbosse wurden in den Aktenschrank Polizei der beiden Länder aufgenommen.

Nachdem der Handel mit Zigarretten abgeklungen war, ist Son Dien wieder zurück nach Berlin gekommen und ist hier mit seiner Partnerin zusammengekommen. Hier haben sie auch ein Kind geboren, um dann die Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland zu erhalten.

Die Bandenmitglieder von einst haben ihre „Hände in Unschuld“ gewaschen und haben jetzt ein geordnetes Leben, doch Son Dien wurde noch einmal in die Versuchung gezogen. Von Berlin aus, zieht es ihn in eine große süddeutsche Stadt, dort wo ihn wieder eine Gruppe mit dem Motto „Money talks“ begrüßt.

Der asiatische Imbiss einer lieblichen Besitzerin füllt sich mit Gelächter als eine Küchenaushilfe aus Berlin, mit vielen Goldringen an der Hand, hier ankommt. Doch in Berlin muss eine Frau mit ihrem kleinen Kind weinen, da sie plötzlich allein gelassen wurde.

Seit diesem Tag ist bei den Anti-China-Protesten in München immer ein Mann mit einer roten Flagge zu sehen, der unter all diesen Patrioten herumläuft. Sein Name ist Son Dien. Er nimmt an den Protesten teil, nicht nur um seine Vergangenheit zu verdecken, sondern vielleicht auch um hier wieder ein Geschäft zu machen: möglichst viele Flaggen und Flaggen-Shirts zu verkaufen.

Ende 1996, Gerichtsprozess in Berlin gegen einen mörderischen Bandenchef (Bild: Archiv)

Lê Anh – VD-NEWS

Alle Informationen und Bilder über den Fall von Trung Dien, Bandenchef der „Zentralvietnam“-Bande können gerne an [email protected] geschickt werden. Ansonsten besteht die Möglichkeit, alle Informationen über die Hotline 030/57 79 72 52 oder an die nächstgelegene Polizeidienststelle zu übermitteln.

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